Einführung

Als im Mai 2022 Interrail zu ihrem 50-jährigem Jubiläum sagenhafte 50%-Rabatt auf den Global-Pass verkündete und man sich so ein Ticket für ganz Europa für nur 252€ kaufen konnte, war der Urlaub schnell gebucht. Oder zumindest der gesamte Rahmen, um den man dann den Urlaub planen kann.

Wenn man nun beschließt, 3 Wochen durch Europa zu reisen und genau weiß, dass das Handy leider das einzige Ticket ist, das man hat (hallo?! 10 oder 20€ Aufpreis um es per Post zu bekommen..), so will man lieber mal nicht irgendwann ohne Strom dastehen. Mein ursprünglicher Plan war daher, mir wieder einen Akku auf 4S Basis für etwa 12V, sodass man dann recht günstig ggf. kleine Solarzellen anschließen kann, um auch abseits von so mancher skandinavischer Zivilisation wieder laden zu können. Dazu ein USB-Netzteil fürs Auto, natürlich auch mit PowerDelivery (PD) und fertig wäre es gewesen. Kostenpunkt insgesamt: etwa 200-300€

Nun hatte ich am PrimeDay jedoch beschlossen, nach den klassischeren Powerbanks zu schauen und ob es nicht vielleicht doch das ein oder andere Modell günstig gäbe, das vielleicht auch so schon ausreicht. Denn wie ich herausgefunden habe, gibt es kleine Adapterkabel, mit denen man selbst die ältern Macbooks ohne USB-C via PD laden kann. Allerdings nur via PD über 20V, was uns zu den Anforderungen an die Powerbanks bringt:

Anforderungen

  • USB PowerDelivery mit 20V (in der Regel 3A also 60W)
  • minimum 75Wh netto Kapazität
  • vertrauenserweckender Eindruck hinsichtlich Verarbeitungsqualität und Wärmeentwicklung

PrimeDay = WishDay?

Stöbert man dann allerdings auf Amazon, so findet man gerade im Technik- und Gadgetbereich leider neben all den bekannteren Marken auch ziemlich viel Zeug, das genau so von Wish kommen könnte. Nur eben mit schnellem Premiumversand, sodass der Unfug in 1 oder 2 Tagen da ist. Was also tun, um Geld zu sparen und doch nicht auf falsche Angaben hereinzufallen?

Nun ja, sich nicht von Amazons Trend hin zu schlechten Billigprodukten verleiten zu lassen, ohne ggf. vom 14 Tage Widerrufsrecht Gebrauch zu machen. Daher habe ich mir drei Powerbanks herausgesucht, die meinen Anforderungen (theoretisch) entsprechen sollten und da die Adapterkabel fürs Macbook auch recht heterogene Bewertungen haben, hier ebenfalls mehrere Exemplare. Dazu noch einen USB-Powertester, der genau aufzeichnet, wieviel Strom bereits bei welcher Spannung durch ihn durchging und ab ans Testen.

Die Modelle und ihr Lieferumfang

Hersteller-/Händlerangaben, es folgt unten eine Tabelle mit den gemessenen Werten

Name Kapazität Zubehör Ladeleistung Entladeleistung Preis (gekauft) Preis aktuell (27.7.22) Amazonlink
Charmast 23800mAh USB-C Kabel 45W 65W 49,99€ 40,59€ https://www.amazon.de/gp/product/B08ML9QZBD
QBrand 30000mAh USB-C Kabel 45W 65W 71,99€ 89,99€ https://www.amazon.de/gp/product/B09N6J79K3
Anker (737) 25600mAh USB-C Kabel und 65W Netzteil 65W 65W 104,99€ 159,99€ https://www.amazon.de/gp/product/B089K7VMLL

Alle drei Powerbanks ausgepackt fällt direkt ein enormer Gewichtsunterschied zwischen den Modellen auf. Wiegt die QBrand mit ihrem massiven Aluminiumgehäuse und angegebenen 30000mAh am meisten und bringt 625g auf die Waage, so ist die Anker nur etwa 10% leichter und wiegt 550g. Nochmals ganze 200g leichter ist allerdings die vollständig aus Plastik bestehende Charmast, welche nur 350g schwer ist.

Im Lieferumfang enthalten sind bei den Modellen von Charmast und Anker jeweils Taschen, um sie vor Kratzern zu schützen. Einzig Anker liefert ein (mit 65W gut dimensioniertes) Netzteil mit, vergleichbare Modelle kosten einzeln etwa 30 bis 50€ - Wer hierauf Wert legt und ohnehin noch ein solches kaufen möchte, sollte also den Preis bei der Anker abziehen. Da ich ein Laptopnetzteil von Lenovo habe, das auch 65W liefert, benötige ich das zusätzliche Netzteil nicht und habe es bei der Bewertung außen vor gelassen.

Entladetest

Kommen wir zum wichtigsten Feature einer Powerbank: Andere Geräte aufladen.

Um das Testen zu Beschleunigen, wird ausschließlich mittels PowerDelivery und 20V entladen. Hierfür nutze ich mein 2013er Macbook Pro, das nach einem Test mit zwei USB-C 65W Netzteilen problemlos anfing zu laden.

Charmast

Da sich die Charmast mit ihrem viel zu leichten Gewicht direkt für den Wish-Test qualifizierte, beginnen wir also mit ihr. Das Macbook eingesteckt, beginnt sie direkt zu laden und zwar mit bis zu 70W Peak, mehr als die 65W, die angegeben waren. Das fordert jedoch relativ bald gemeinsam mit dem reinen Plastikgehäuse seinen Tribut: Die Powerbank wird in der Nähe der Ports, wo vermutlich auch die Spannungswandler sitzen, extrem warm. Durch die schlechte Wärmeleitfähigkeit des Plastiks bleibt die Hitze auch vorne und breitet sich nicht im Gehäuse aus. Vielleicht ist das gut, damit die Zellen nicht ebenso warm werden, andererseits wird die Hitze auch nicht wirklich abgeführt.

Keine ganze Stunde und 39Wh später zeigt sich dann jedoch auch das falsche Gesicht des Leichtgewichts: Die Powerbank ist leer. Bei einer Spannung von 20V wurden 1956mAh entnommen, das entspricht einer, auf die 3,7V umgerechneten Zellspannung, Kapazität von 10523mAh. Nur etwa 45% der angegebenen Kapazität - das ist sehr schwach. Die Lade- und Entladeleistung der Powerbank wäre zwar bei dieser Kapazität dennoch beeindruckend und sie wäre fast konkurrenzlos, aber auf eine lange Lebenszeit würde ich nicht unbedingt vertrauen wollen.

Auch muss ergänzt werden, dass die angegebene Kapazität selbstverständlich nicht erreicht wird, wenn es sich hier um die Bruttokapazität handelt. Also das, was der Akku theoretisch in der Lage wäre, abzugeben. Dies wird jedoch aus Gründen der Langlebigkeit vermieden. Auch ist bei der Spannungswandlung mittels Schalt-Aufwärtswandlern die Effizienz geringer, wenn der Spannungsunterschied größer ist. Es ist also ineffizienter, von 3,7V auf 20V zu transformieren (denn das geschieht jedoch nicht mit einem typischen Trafo) als von 3,7V auf bspw. 5V. Dasselbe gilt auch für andere Geräte mit PowerDelivery, die diese hohe Spannung dann wieder auf ihre eigene Zellspannung umwandeln müssen.

Versuch einer Erklärung der Effizienzverluste

Warum das genau so ist? Kein Physiker. Aber wenn ich das annähernd verstanden habe, dann liegt das daran, dass im Gegensatz zum Trafo, der zwei Spulen hat, ein üblicherweise verbauter Aufwärts- oder Abwärtswandler lediglich eine Spule und einen Kondensator hat. Dabei wird die Spule geladen, indem sie per Schalter (in der Regel ein Transistor oder MOSFET) kurzgeschlossen wird. Die Spannung sinkt, Spulen sind eher träge was den Strom angeht, also wird auch ein Teil der Energie im Magnetfeld gespeichert. Öffnet man nun den Schalter, steigt der Widerstand, weil nun der Strom durch den Kondensator muss. Der Strom sinkt, das Magnetfeld der Spule gibt es ja aber nimmer noch. Also versucht es den Strom in Richtung Kondensator zu erhalten, also wird die Spule umgepolt, sie ist nun in Serie mit dem Netzteil geschalten, der Kondensator wird also mit einer höheren Spannung geladen. Schaltet man das nun schnell genug, wird die Spule nie vollständig entladen und es liegt immer eine höhere Spannung am Kondensator an, der als Puffer dient. Laut der englischen Wikipedia gibt es dabei folgende lastabhängige Faktoren, die die Effizienz bedingen:

  • Widerstand im Schalter (Transistor oder MOSFET) wenn er geschalten ist
  • Spannungsabfall der Diode in Durchlassrichtung
  • Widerstand in der Spule
  • Reihenersatzwiderstand des Kondensators

QBrand

Das Macbook wieder entladen und die volle QBrand angeschlossen, zeigt sich: Es lädt, ganz wie gehabt ohne Probleme. Nach wenigen Minuten spürt man jedoch auch hier einiges an Wärmeentwicklung. Zwar erreicht das Macbook keine Spitzenwerte wie 70W beim Entladen, 65 sind jedoch mehrfach zu sehen. Durch das vollständig die Powerbank umgebende Aluminumgehäuse wird die Powerbank auch nicht nur in der Nähe der Ports warm, auch, wenn sie hier am wärmsten ist, sondern überall. Im Vergleich zum Underperformer Charmast wirkt die Wärmeentwicklung subjektiv nochmals bedrohlicher, auch, weil selbst bei später gedrosselter Ladeleistung von nur noch 40W, weiterhin eine Menge Wärme zu spüren ist. Dies kann aber eben auch der guten Wärmeleitung des Aluminumgehäuses geschuldet sein - wer weiß, wie warm die Charmast im Inneren ist. Da ich sie noch zurückschicken werde, ist es leider keine Option, sie zu öffnen und nachzumessen. Für LiIon-Akkus ist es allerdings auch relativ unproblematisch, bis zu Temperaturen von 65°C entladen zu werden. Da die Hitze zudem von vorne und nicht vom gesamten Gehäuse, also auch nicht von den Akkus, auszugehen schien, halte ich das beim Entladen für weniger problematisch. Allerdings sollte die Powerbank nach dem Entladen ersteinmal abkühlen können, bevor man sie direkt wieder lädt, da Laden schon ab 50°C relativ schädigend für den Akku ist.

Anker 737

Nun, bedauerlicherweise hat die Anker mittels PowerDelivery nur sehr kurz mein Macbook geladen, um sich dann direkt wieder abzuschalten. Um auszuschließen, dass es am Adapterkabel liegt, probiere ich es mit einem anderen - leider ebenfalls ohne Erfolg. Nach wenigen Sekunden geht die Anker aus - auch dann, wenn man den Modus des langsamen Ladens aktiviert, wodurch sie permanent anbleiben sollte.

Um die Kapazität der Anker dennoch zu testen und eine möglichst gute Vergleichbarkeit zu gewährleisten habe ich also einen Laptop mit USB-C-PD-Unterstützung ausgeliehen und einmal (während des Betriebs) vollgeladen. Das Resultat: Die Powerbank war erst zu etwa 70% leer, aber der Laptop voll. Entladen wurden dabei 55,6Wh, der restliche Entladevorgang erfolgte dann allerdings anstelle von 20V mit 9V Spannung, hinzu kamen dadurch weitere 24,3Wh, gesamt also 79,9Wh netto Kapazität.

Zwar kann es sein, dass die Entladung mittels 9V wie oben ausgeführt auch etwas effizienter erfolgte als die mittels 20V, jedoch blieb die Anker während der Entladung mit 20V insgesamt deutlich am kühlsten, wodurch ich nicht davon ausgehe, dass wir es mit großen Ladeverlusten zu tun haben. Auch 75Wh via 20V wären für meine Anforderungen ausreichend gewesen. Im Preis-Leistungs-Verhältnis bleibt die Anker damit allerdings deutlich hinter der Q-Brand-Powerbank zurück, da diese nicht nur zum Primeday fast 40€ günstiger war, sondern besonders ohne Rabatte lediglich knapp mehr als die Hälfte kostet.

Ladeleistung

Entscheidendes Kriterium für eine Powerbank ist natürlich aber nicht nur, wie viel und schnell sie entlädt, sondern auch, wie lange sie zum Laden braucht. Lithium-Ionen-Akkus werden nach dem CC-CV-Prinzip geladen. Das bedeutet, dass sie eine ganze Weile lang mit einem konstanten Strom (constant current) geladen werden, bis sie hinreichend voll sind. Währenddessen steigt die Spannung kontinuierlich an, bis die Stromstärke geringer wird, sich aber die Spannung nur langsam erhöht (constant voltage). Die Ladeleistung ist in der Regel dabei kurz vor Ende des CC-Ladens am höchsten. Dies liegt (beispielsweise bei E-Autos oder anderen größer dimensionierten Akkus und Ladegeräten) daran, dass die Absicherung (oder wenn diese größer als die Ladeleistung des Akkus ist, der Akku) nur eine bestimmte Stromstärke zulässt, sich aber weiterhin die Spannung erhöht. Da elektrische Leistung das Produkt von Stromstärke und Spannung (P = U * I) ist, ist entsprechend die Leistung gegen Ende des CC-Ladens am höchsten.

In den Powerbanks zeigt sich dieses Phänomen jedoch nur eingeschränkt, da die Absicherung der Ladenetzteile kleiner als der Akku dimensioniert ist, wobei diese Einschränkung auch dazu dienen kann, dass die Komponenten oder der Akku nicht überhitzen, da die chemische Belastung für Akkus beim Laden von hohen Temperaturen (50°C aufwärts etwa) steigt.

Auch interessant ist das Betrachten der Ladeleistung bzw. vielmehr der Ladekapazität, um die Effizienz der verbauten Spannungswandler (und Akkus) zu errechnen. Verblüffenderweise zeigen sich hier jedoch nur minimale Unterschiede: Die Entnahmekapazität entspricht immer etwa 80% der Ladekapazität. Das ist besonders deshalb spannend, weil die Powerbanks unterschiedlich warm wurden - in der Praxis scheint das aber nicht unbedingt miteinander zu korrelieren, denn wenn die Hitze gut abgeführt wird, so muss die Powerbank nicht warm werden, ist aber genauso (in-)effizient.

Ladeleistungen

Es zeigt sich, dass sowohl die Powerbank von Charmast als auch von QBrand langsamer laden als entladen können, im Falle der Anker entspricht die Ladeleistung der Entladeleistung - zumindest bei den Angaben. In der Praxis verbleibt sie beim Laden allerdings 5W hinter den angegebenen 65W zurück, liefert dafür aber beim Entladen bis zu knapp 70W.

Auch lädt zwar die Anker zu Beginn und insbesondere bis zu 100% schneller; setzt man es sich jedoch zum Ziel, die vollen 80Wh, die gespeichert werden, zu nutzen, so ist die Anker kaum der QBrand überlegen, weil diese konsistent weiter mit 42-43W lädt. Im Durchschnitt lädt die Anker knapp 100Wh in 2:05 mit knapp 48W, doch erreicht die QBrand einen ähnlichen Wert nur 20 Minuten später.

Übersicht

Name / Modell Angegebene Kapazität Ladekapazität Entladekapazität Entnehmbare Wh Ladekap. : Angegebene Kapazität Entladekap. : Angegebene Kapazität Effizienz (Entladekap. : Ladekap.) Ladedauer Gewicht Max. Entladeleistung
Charmast 23800 13270 10573 39 55.8% 44.4% 79.7% 1:10 350g 70 W
Qbrand 30000 34270 27027 100 114.2% 90.1% 78.9% 3:25 625g 65 W
Anker (737) 25600 27000 21595 79.9 105.5% 84.4% 80.0% 2:05 550g (55W - allerdings mit anderem Laptop: M1 Macbook Air)

(Kapazitätsangaben in mAh)

Preis pro entnehmbare Wh

Euro je Wattstunde Charmast QBrand Anker
Kaufpreis PrimeDay 49.99 71.99 104.99
Aktuell (27.07.2022) 40.59 89.99 159.99
€/Wh PrimeDay 1.28 € 0.72 € 1.31 €
€/Wh Aktuell (27.7.2022) 1.04 € 0.90 € 2.00 €

Fazit

Hinsichtlich angegebene Kapazität, Verarbeitungsqualität, Preis-Leistung und allgemeine Praktikabilität für meine Zwecke (nämlich auch mit „shady“ Adaptern, die konstant 20V fordern und sonst wenig das PD-Protokoll reden laden zu können) ist eindeutig die Powerbank von QBrand zu empfehlen. Ein bestechender Preis von aktuell 90ct je verfügbare Wh ist selbst trotz der Preiserhöhung seit dem Primeday ein exzellenter Deal. Die Anker kann ich nach meinem Test zum normalen Preis schlicht nicht empfehlen, weil ich über die Haltbarkeit keine Aussagen machen kann. Sie fühlt sich mit dem gebürsteten Aluminum und dem Soft-Touch-Plastik wertig an, man kann sich jedoch im Zweifel einfach eine zweite QBrand kaufen, denn das doppelte für weniger Kapazität zu zahlen ist es schlicht nicht wert. Von der Charmast kann ich natürlich alleine aufgrund der falschen Kapazitätsangaben nur abraten und auch die konstante Ladeleistung von 42W bis zum bitteren Ende schafft kein Vertrauen. Denn dass sie so große Reserven hat, dass man bis zum Ende noch im CC-Laden ist angesichts des geringen Gewichts unwahrscheinlich. Wohin also die 42W zum Ende genau hingehen ist mir vollkommen unklar, ich weiß aber auch nicht, ob ich es wirklich wissen will.

Sonstiges

Link zum verwendeten, sich immer wiederholenden 5-Minuten-Timer für die Messungen bei der Ladeleistung: https://www.napcatstudio.com/webtimer/timer.html